Immer wieder kommt es im Alltag zu akuten Notfallsituationen mit Atemstillstand und akutem Herzversagen. Hier ist schnelles Handeln gefragt: Zuerst 112 anrufen und dann eine Herzdruckmassage durchführen, bis der Notarzt kommt – so läuft es im Idealfall. Die Realität sieht leider oft anders aus. Aus Unsicherheit, etwas falsch zu machen, unterlassen viele die meist lebensrettenden Wiederbelebungsmaßnahmen. Um diese Unsicherheit abzubauen, lernen in Hamburg bereits Grundschulkinder, wie man sich in so einer Notsituation richtig verhält. Seit 2017 trainiert die Herzretter-Initiative mehr als 40.000 Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen. Um mehr junge und auch ältere Menschen für das Thema zu sensibilisieren, hat die Schulbehörde gemeinsam mit der Herzretter-Initiative jetzt das Pilotprojekt „Leben retten einfach machen“ gestartet. 14 Grundschulen und 14 weiterführende Schulen nehmen teil.
Bildungssenator Ties Rabe: „Nicht wegzuschauen, sondern auf andere Menschen zu achten und in Notfallsituationen zu helfen, ohne sich selbst zu gefährden ist etwas, was jeder Mensch beherzigen sollte. Dieses möglichst früh schon zu lernen und immer wieder zu üben, ist ein wichtiges Anliegen. Daher freue ich mich, dass wir hier in Hamburg verlässliche Kooperationspartner aus den Hilfsorganisationen, den Krankenhäusern, der Feuerwehr und der Herzretter-Initiative haben. In dem wir gemeinsam Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte für das Thema sensibilisieren und sie befähigen, schnell zu handeln, leisten wir einen wichtigen Beitrag zum verantwortungsbewussten Miteinander in unserer Zivilgesellschaft.“
Seit 2017 trainiert die Herzretter-Initiative in Hamburg schon mehr als 40.000 Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen mit großer positiver Resonanz. In 90-minütigen Unterrichtseinheiten lernen Schülerinnen und Schüler mit Unterstützung von Schauspielerinnen und Schauspielern interaktiv und realitätsnah, lebensbedrohliche Situationen zu erkennen, einen Notruf zu senden, die Atmung der Person sicherzustellen und je nach Alter die Herzdruckmassage durchzuführen und einen Defibrillator anzuwenden. Diese für Schulen kostenfreien Kurse werden durch die Förderer der Herzretter-Initiative ermöglicht.
Das gemeinsame Pilotprojekt „Leben retten einfach machen“ der Schulbehörde und der Herzretter-Initiative ist im Februar 2023 gestartet. Es richtet sich an Schulen, die bisher keine Herzretter-Trainings durchgeführt haben. In den Jahrgangsstufen 2 bis 10 sollen Kinder und Jugendliche sowohl Kenntnisse in Laienreanimation erwerben und dabei gleichzeitig die Haltung „Ich kann im Notfall helfen“ entwickeln. Dazu wurden 28 Schulen ausgewählt: 14 Grundschulen nehmen mit jeweils einer Jahrgangsstufe, 14 weiterführende Schulen mit jeweils zwei Jahrgangsstufen teil. Das erste Training im Rahmen des Pilotprojekts fand im April statt.
In ausgewählten Schulen werden der Wissensgewinn der Kinder durch das Herzretter-Training erhoben und Anregungen für die Weiterentwicklung der Herzretter-Trainings gesammelt. Die Grundschulkinder werden beispielsweise gefragt, ob sie sich nach ihrer Teilnahme am Training zutrauen, „die Atmung eines Menschen zu beschützen“ oder „durch das Telefon Hilfe zu rufen“. In den Jahrgängen 5 bis 10 geht es dann zum Beispiel um den Schaden für das Gehirn durch mangelnde Sauerstoffversorgung oder um den Einsatz eines Defibrillators. Alle Lehrkräfte, die Gruppen oder Schulklassen in den Trainings betreuen, erhalten zudem Online-Fragebögen, um unter anderem Feedback zu einer pädagogisch anschaulichen Vermittlung, zur Interaktion zwischen Trainingsleitung und Schülerinnen und Schülern oder zur Vor- und Nachbereitung der Trainings mitzuteilen.
Dr. Buchholz, Gründer der HerzInitiative: „Jede Schulabgängerin und jeder Schulabgänger sollte wissen, wie man Leben rettet – und den Mut haben, beherzt zu handeln! Gern wollen wir gemeinsam alle Schulen unterstützen, dieses Ziel umzusetzen.“
Dr. Issleib, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Zentrum für Anästhesiologie und Intensivmedizin: „Aus notfallmedizinischer Sicht freuen wir uns sehr über die Initiative von Herzretter e.V. und der Schulbehörde! Noch immer treffen wir bei einem Herzkreislaufstillstand an der Einsatzstelle viel zu oft auf Menschen, die leider nicht in der Lage sind, einem Menschen die lebensrettende Herzdruckmassage zu geben. Aus vielen Untersuchungen wissen wir jedoch, dass bereits Schulkinder eine Herzdruckmassage erlernen können. Im besten Fall werden die Maßnahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung für die Kinder so zu einer Selbstverständlichkeit. Damit helfen wir nicht nur jedem einzelnen Menschen, sondern auch unserer Gesellschaft insgesamt, indem das aufeinander Achtgeben und sich gegenseitig Helfen wieder selbstverständlich wird.“
Hintergrund
Es ist wissenschaftlich gut belegt, dass Kinder und Jugendliche geringere Hemmungen gegenüber der Anwendung von Maßnahmen zur Ersten Hilfe aufweisen. Seit 2014 befürwortet daher der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz die Einführung von Unterrichtseinheiten zum Thema Reanimation ab der 7. Jahrgangsstufe. In Hamburger Schulen sollen Heranwachsende laut den Vorgaben der Bildungspläne zur Gesundheitsförderung lernen, in Notfallsituationen Hilfe zu holen und je nach Alter, Maßnahmen zur Ersten Hilfe einzuleiten. Im Rahmen der selbstverantworteten Schule können sich Schulen dabei beispielsweise von Hilfsorganisationen, medizinischen Fachkräften aus Kliniken bzw. Medizinstudentinnen und -studenten sowie der HerzretterInitiative „Ich kann Leben retten! e. V.“ unterstützen lassen.
Quelle: Leben retten einfach machen: Herzretter-Training an Hamburgs Schulen – hamburg.de