Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Teilleistungsstörungen

Der Vorstand der Elternkammer hat beschlossen, die BSB aufzufordern, die anstehenden
Aktualisierungen einschlägiger Richtlinien und Handreichungen zu nutzen, die Förderung von
Schülerinnen und Schülern mit Teilleistungsstörungen im Bereich Lernen, Sprache und Entwicklung
(LSE) nachhaltig zu verbessern.


Bis 2035 fehlen der Hamburger Wirtschaft etwa 133.000 Fachkräfte. Gleichzeitig leisten wir es
uns, Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen im Bereich Lernen, Sprache und
Entwicklung (LSE) nur unzureichend und zu spät zu identifizieren und nicht ausreichend zu
fördern. Der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK-Beschluss vom 4.12.2003, aktuell gültig
in der Fassung v. 15.11.2007) soll den Ländern den Rahmen für den gleichwertigen Umgang mit
LSE-Beeinträchtigungen vorgeben. Die zur Zeit im Reformprozess befindlichen Bildungspläne und
die zur Überarbeitung anstehende „Richtlinie zu Förderung von Schülerinnen und Schülern mit
besonderen Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreibung oder Rechnen“, der „AuL-Richtlinie“ und
der „Handreichung Nachteilsausgleich“ müssen die Chance zu weiteren Verbesserungen nutzen.


Die Kritik betroffener Eltern lässt sich an folgenden Punkten festmachen:
1. Die Diagnostik und darauffolgend die Anerkennung der Teilleistungsstörung erfolgt meist erst
zum Ende der Grundschulzeit und damit zu spät.
2. Förderlehrkräfte, sowohl an Grund- als auch an weiterführenden Schulen, gestalten noch zu
selten spezifisch zielführende Förderung, die von integrativer und additiver Förderung bei
Lernrückständen im Allgemeinen abweichen sollte.
3. Die Förderung „Außerunterrichtliche Lernhilfen“ (AuL) setzt zu spät, nämlich oft erst mit dem
Übergang in die weiterführende Schule ein, muss nach der Jahrgangsstufe 6 auch zu früh wieder
beendet werden und stellt Eltern vor die Situation, in Hamburg eine viel zu kleine Zahl von
förderwürdigen Lerntherapieplätzen (nach AuL-Therapeutenliste) vorzufinden.
4. Neben Grund- und Stadtteilschulen sind auch die Gymnasien und die berufsbildenden Schulen
zur Inklusion verpflichtet. Die Begabungsprofile der Schülerinnen und Schüler werden aber häufig
wegen der Teilleistungsstörung nicht angemessen berücksichtigt, betroffene Kinder und
Jugendliche können so ihr Potenzial nicht voll entwickeln.
5. Die Möglichkeiten von Nachteilsausgleichen werden nicht oder nur unzureichend ausgeschöpft,
die Unsicherheit der Lehrkräfte im Umgang mit der „Handreichung Nachteilsausgleich“ ist oft groß
und Eltern haben häufig erhebliche Schwierigkeiten, einen angemessenen Nachteilsausgleich oder
Notenschutz zu begehren.
6. Die Chancen des Einsatzes digitaler Unterrichts- und Fördermittel werden nicht genügend
genutzt, auch im Hinblick auf den Einsatz in Klausur- und Prüfungsleistungen.
7. Die Ausgleichs- und Erleichterungsmöglichkeiten in Prüfungsleistungen bis hin zu den
Abiturprüfungen schöpfen den Rahmen des Möglichen nicht aus, dabei wird gerade in der
Sekundarstufe II oft die Höherwertigkeit des Anspruchs an den Gebrauch der Sprache als
Kulturgut als Begründung genannt.


Wir fordern die BSB Hamburg daher auf,
1. die Diagnoseschritte zu systematisieren, frühzeitig bereits in den ersten Jahrgangsstufen zu
installieren und zu schärfen, auch unter Einbeziehung bewährter und zeitgemäßer Verfahren
(bspw. DORA des Oldenburger Zentrums für Legasthenie-Therapie und Schriftkompetenz).
2. spezifisch geeignete Förderelemente in der additiven Förderung an Schulen zu nutzen (bspw.
LARS des vorgenannten Instituts).
3. die AuL-Förderung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt und bis zum Abschluss der
Jahrgangsstufe 10 zu gewähren. Gleichzeitig muss die Zahl der förderwürdigen AuLLerntherapeuten erhöht und Anreize geschaffen werden, um diesen spezialisierten Therapeuten
bspw. nachmittags in den Schulräumen Angebote für Einzel- oder Kleingruppentherapiestunden zu
ermöglichen.
4. die Aufklärung der Eltern und den Zugang zu den Möglichkeiten von Nachteilsausgleichen zu
erleichtern und sinnvolle Elemente im Rahmen des KMK-Beschlusses zu schaffen, die der Art und
Umfang der Beeinträchtigung gerecht werden.
5. den Einsatz digitaler Unterrichtsmittel, sowohl auf der Ebene der digitalen Endgeräte als auch im
Rahmen von spezifischen Modulen des digitalen Lernmanagementsystems auszubauen und
sowohl in der integrativen als auch der additiven Förderung vermehrt zu nutzen.
6. die Bewertung von Prüfungsleistungen, bspw. der Verzicht des Punktabzugs bei vermehrten
Rechtschreibfehlern (Notenschutz) zu präzisieren.
7. den Einsatz von Hilfsmitteln, digitalen Wörterbücher u.ä., in Klausuren sowohl der laufenden
Kursleistungen als auch den Abschlussprüfungen so zu beschreiben, dass die Lehr- und
Prüfungskräfte solche Mittel zweifelsfrei zulassen können.

Vorstand Elternkammer Hamburg

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